So fühlt es sich also an, das neue Leben. Den exakten Tag des Wandels kann ich gar nicht so genau bestimmen, aber er lag irgendwo im Januar 2020, als die Meldungen aus Wuhan und Hubei nicht abreißen wollten. Zunächst fühlte es sich an, als könne man darunter durchtauchen und China wäre so stark den Corona-Virus „in seine Schranken zu weisen“.
Nun habe ich allerdings Anfang der 90er Jahre des letzten Jahrtausends zu künstlicher Intelligenz geforscht und promoviert. Da wird einem schnell klar, dass es sich hierbei wohl um den bekannten Flügelschlag eines Schmetterlings handeln kann, der gemäß der Chaos-Theorie schlussendlich ein Gewitter auslöst. Dieses Phänomen einer Bifurkation scheint mit dem in die menschliche Welt eingetretenen Corona-Virus nun in Gang gesetzt worden zu sein.
Es ist spannend zu beobachten wie der Lockdown sich hier bei mir zu Hause auswirkt. Mein Leben ist ohnehin vornehmlich autark gestaltet, so dass ich einen guten Vergleich meiner Umgebung zwischen vorher und nachher habe. Es ist schön zu beobachten, wie der Himmel sich von Tag zu Tag blauer färbt … frei von Kondensstreifen, wie die Kinder lachend in den Gärten spielen, wie eine Mutter mit Ihrem Kind vor meinem Haus auf der Straße Federball spielt – denn Autos fahren ja keine mehr. Auf einmal rufen mich Freunde an, mit denen ich lange keinen Kontakt hatte, um zu fragen, wie es mir jetzt geht so alleine und abgeschieden lebend.
Wo vor Tagen noch verkniffene Minen der Vorbeigehenden die Oberhand hatten, da sehe ich heute hauptsächlich in die entspannt und fröhlich dreinblickenden Gesichter der Spaziergänger, die anscheinend sorgenfrei und gelöst die Frühlingssonne genießen und mit bedächtigem bis beschwingtem Schritt durch die erblühende Natur lustwandeln. Vielleicht ist ja auch das ein Wandel, den die aktuell unübersehbare Endlichkeit des Lebens provoziert.
Plötzlich ist er wieder da: der Duft nach frisch gebratenem Kotelett oder den betörend zuckrig-vanilligen Waffelschwaden, die einem aus schon fast verwaist geglaubten Küchen entgegen strömen – wie ein Gruß aus einer unwiederbringlich vergessen geglaubten, unbeschwerte Kindheit. Auch das ist möglich in Zeiten von sozialer Distanz.
Nach anfänglichen Angstszenarios, von denen man sich nicht anstecken lassen mag, gewinnen nun Glück und Gelassenheit die Oberhand. Irgendwie hatte sich eine explosionsartige Änderung ja schon lange angekündigt: Feuerbrünste in Australien, starke Stürme toben über Deutschland hinweg, Städte und Regionen werden von Wasserfluten übermannt. Nun sind wir an dem Punkt wo die Welt durchatmen kann – und wir gleich mit. Wir bekommen abrupt die Gelegenheit, unser Verhalten zu überdenken und neue Strategien zu entwickeln.
Für mich bedeutet das heute, wo meine Mutter 87 Jahre alt wird, Ihr die Geschenke vor die Tür zu legen und Ihr von Weitem zuzuwinken. Das ist heute das größte Geschenk, das ich Ihr machen kann und darf. Für meine Arbeit bedeutet dass auf eine sonst vom persönlichen Kontakt lebende Beratung auf die Telefonberatung umzuschalten. In den nächsten Tagen werde ich hierzu ein paar weitere Informationen geben.
Für Sie, meine lieben Leserinnen und Leser, wünsche ich mir, das Sie das Gute im Umbruch erkennen und für sich nutzenstiftend in Ihren neuen Alltag einbauen. So haben wir als Gesellschaft die Chance den Wandel so zu gestalten, das wir alle davon profitieren: Menschen wie auch die Natur selbst. Wir haben nur diese eine Welt, die uns gerade zeigt, wie brutal die Natur der Mutter Erde in unseren menschengemachten Alltag eingreifen kann – lernen wir, die Bedürfnisse von Mutter Erde zu respektieren und uns gewissenhaft in das globale Gefüge einzufügen. Lernen wir die Globalisierung weiterhin sinnstiftend zu nutzen ohne die Erde oder auch die Menschen dabei auszunutzen. Alles steht im Zusammenhang: wenn jeder Einzelne versteht, dass sein Handeln wie eine Bifurkation wirken kann, dann ist gerade jetzt die Zeit reif zum nachdenken – umdenken – handeln!
In Liebe zu Mutter Natur und die Menschlichkeit,
herzlichst Ihre Dr. Marion Steinert